Cirque de Cilaos

Wir packen die wichtigsten Dinge für unseren zweitägigen Ausflug nach Cilaos. Dieses Dorf liegt inmitten eines der drei grossen Cirque. Zuerst holen wir die Kinder von der Schule ab und drehen noch eine kurze Runde beim Festival des pains. Jetzt kann die Fahrt losgehen. Anfangs stecken wir mitten im Feierabendverkehr (dieser beginnt hier schon ab 15.15 Uhr – ja bei einer 35-Stunden-Woche auch nicht erstaunlich), später läuft es dann besser. In St. Louis und bis hinauf in die nächsten zwei Dörfer le Bois de Nèfles und La Rivière ist wieder Schritttempo angesagt. Dies kommt daher, dass die allermeisten Einwohner der Insel „etwas“ in der Höhe wohnen, wie sie jeweils so schön zu sagen pflegen. Der Hauptgrund ist die grosse Hitze an der Küste. Ein weiterer könnten auch die hohen Bodenpreise in Küstennähe sein. Danach können wir gut zufahren. Die Fahrt hinein in den Cirque de Cilaos ist wirklich atemberaubend und wir sind in der Tat erstaunt, wie es möglich war, in dieses Gelände eine Strasse zu bauen. An den allermeisten Stellen ist heute die Strasse sehr gut ausgebaut, es gibt da zwei drei kleinere Abschnitte, welche nur einspurig verlaufen. Dasselbe gilt für die drei Tunnels. So schlängeln wir uns also die 420 teils sehr engen Kurven Cilaos entgegen. Die Fahrt erinnert uns an die Skiweekends mit dem Skiclub Gommiswald in Samnaun. Einziger Unterschied ist, dass wir die ralleyartige Strecke mit viel, viel weniger PS unter die Räder nehmen müssen. Viele Passagen sind nur im ersten Gang fahrbar, das höchste der Gefühle ist auf ganz kurzen Abschnitten der dritte Gang.

In Cilaos angekommen, finden wir unser Appartement sehr rasch. Noch rascher ist der Hausbesitzer zur Stelle, ja er wohnt im oberen Stock des sehr herzigen Hauses. Alles ist liebevoll gestaltet, der Wintergarten gefällt unseren Girls, nebst der bunt blinkenden Weihnachtsbeleuchtung am besten. Alle sind sich schnell einig, dass wir hier gerne länger geblieben wären, leider ist es aber schon ausgebucht für die nächsten Nächte. Dies gilt auch für all die anderen Unterkünfte. Es war schlicht und einfach unmöglich, in Cilaos über das Wochenende eine Unterkunft für zwei Nächte zu finden und da sie in Saline-les-Bains keinen Jokertag kennen, müssen wir auf den Freitag ausweichen.

Im Dorf besuchen wir den marché couvert, ein ganz origineller, lustiger Markt. Bei der Degustation der einzelnen Weine staunen wir nicht schlecht. Es fühlt sich im Mund nach hochprozentigerem an und in der Tat kosten wir hier nicht Wein im eigentlichen Sinne. Alle Dessertweine oder wie sollen wir es nennen, haben einen Alkoholgehalt von mind. 18% und schmecken sehr, sehr süsslich. Das ist definitiv nicht, was wir suchen. Die Verkäuferin bestätigt uns auch, dass wir hier keinen anderen Wein kaufen können.

Am nächsten Tag erwachen wir schon sehr früh und unser erster Griff dient dem Fotoapparat. Das Panorama rund um Cilaos ist besonders in den Sommermonaten nur frühmorgens wolkenfrei, schon gegen 08.00 Uhr ziehen nämlich die ersten Wolkenbänder über den Kraterrand des grossen Cirque de Cilaos. Heute hat es bereits einige Wolken, doch das Panorama sieht fantastisch aus. Nach dem Morgenessen im Wintergarten oder vielleicht doch besser im verglasten Gartenhäuschen mutet sehr romantisch an, auch wenn der Kaffee nicht den allerbesten Qualitätsansprüchen genügt. Danach packen wir Rucksack, Wanderschuhe und Fotoapparat und machen uns auf die Wanderung zur Cascade du bras Rouge. Auch dieser Weg führt, wie die allermeisten hier auf der Insel, durch meist sehr abschüssiges Gelände. Wir wandern wieder sozusagen einer Kraterwand entlang in die Tiefe. Auch dieses Gebiet gehört zum grossen Nationalpark und uns gefallen die urwaldähnlichen, dicht bewachsenen Wälder mit vielen üppigen Pflanzen. Nach gut 50 Minuten erreichen wir einen kleinen Wasserfall, ein gutes Fotosujet. Von hier steigen wir nochmals ca. 100 Höhenmeter weiter in die Tiefe, um schliesslich den imposanten Wasserfall des Bras Rouge zu bestaunen. Die gletscherähnlich abgeschliffenen Felsformationen bilden eine eindrückliche Kulisse, dazwischen fliesst der Wasser, um den über eine Kante ca. 50 Meter in die Tiefe zu stürzen. Dieser Anblick ist sehr eindrücklich und wir bewegen uns sehr vorsichtig auf den Felsen, um einen guten Blick auf den gesamten Wasserfall zu erhalten. Jetzt machen wir uns wieder auf den Rückweg, da wir unser Appartement um 12.00 Uhr verlassen müssen. Tüchtig und mit gutem Tempo machen wir wieder all die Höhenmeter gut, welche wir vorher „verloren“ haben. Gemäss Internet sind dies immerhin 300 Höhenmeter. Zum Glück erscheint uns allen der Rückweg deutlich kürzer. Vielleicht liegt es daran, dass es uns beinahe besser liegt hinauf- anstatt hinabzukraxeln. Als wir die Strasse erreichen wissen wir, dass wir es schon fast geschafft haben. Ganz festen Boden unter den Füssen, sprich geteerte Strassen haben wir kurz später. Jetzt reicht die Zeit gerade noch, eine erfrischende Dusche zu nehmen, alles Gepäck zu verstauen und adieu zu sagen. Gewohnt für uns landen wir eine regelrechte Punktlandung und übergeben den Schlüssel um 11.58 Uhr. Hungrig wie Tiger durchstreifen wir Cilaos, immer im Hinterkopf, dass das kulinarische Angebot hier sehr bescheiden ist. Schliesslich kommen wir zum Entschluss, im Leaderprice einen Aperitif zu besorgen und die 10 abenteuerlichen Kilometer nach Ìlet-à-Cordes unter die Räder zu nehmen. Der Name dieses kleinen Dorfes hat einen geschichtlichen Hintergrund. Hier fanden einst entlaufene Sklaven Zuflucht und Schutz vor den Sklavenjägern. Die Sklaven legten absichtlich keine Wege an, sondern hangelten sich an Seilen (Cordes) bergwärts, um so keine Spuren zu hinterlassen. Dieses Gelände ist so unwegsam und steil, dass diese unterdrückten Leute hier oben auf fast 1100müM sicher waren. So lebten sie als Selbstversorger.

Auf der Fahrt staunen wir immer und immer wieder über die Kühnheit, hier eine Strasse zu bauen einerseits und andererseits über die fantastische Aussicht. Ja an einigen Punkten sieht man durch das ganze Tal bis hinab zum Meer. Nach ca. 20 Minuten erreichen wir ìlet-à-Cordes, auf den ersten Blick ein Gemüse und Linsenparadies. Die steilen, fruchtbaren Hänge sind gut bewirtschaftet und sehr gepflegt. So erscheint auch unser anvisiertes Restaurant, nur leider ist das Haupttor geschlossen. Die Bemerkung „nur auf Vorbestellung“ lässt bei uns nichts Gutes erahnen und so bleibt uns leider nichts Anderes übrig, als den Scenicdrive retour gleich jetzt zu starten. Wir wollen diese Fahrt überhaupt nicht missen, nein und auf der Rückfahrt bietet sie Lisa sogar die Gelegenheit, im Internet nach einer guten Adresse in Cilaos zu suchen. Tatsächlich wird sie glaubhaft fündig. Glaubhaft deshalb, weil in einem Kommentar von derselben kulinarischen Enttäuschung geschrieben wird, wie wir sie im Restaurant Noé erlebt haben. Im Kommentar ist dann weiter beschrieben, dass sie an diesem Ort sehr zufrieden waren. Dies tönt doch sehr gut. Nach der einen oder anderen Zusatzschlaufe, Einbahnstrassen sei Dank oder sie sind schuld, finden wir die Crêperie „L’Instant Plaisirs“. Auch wir werden nicht enttäuscht und geniessen herrliche Galettes und zum Dessert noch eine Crêpes sucré. Die Wanderung hat uns alle ganz hungrig, ja und auch ein bisschen müde gemacht.

Unsere Verdauungsfahrt führt uns hinauf zur „la Roche merveilleuse“. Dieser Aussichtpunkt ist sehr bequem mit dem Auto erreichbar und doch hat man von hier oben einen wunderbaren, in allen La Réunion Führern beschriebenen 360° Rundblick auf Cilaos. Durch den Feldstecher können wir sogar das Fussballspiel mitverfolgen. Mit diesem schönen Ausblick verabschieden wir uns vom Hochplateau Cilaos und bezwingen die 420 Kurven ein zweites Mal.

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Kommentare: 1
  • #1

    Dario (Dienstag, 28 November 2017 16:36)

    Letztes Bild sieht aus wie der San Bernardino, da muss man nicht nach la Rèunion.
    Bei all den anderen Bildern aber schon, das sieht nämlich sehr schön aus.
    Da wird man ziemlich neidisch...!