Hyden ist unser nächstes Ziel, wir wissen die 300 Kilometer sind für australische Verhältnisse nicht übertrieben viel, doch für uns hört sich dies schon fast wie eine Reise ans Ende der Welt an. Dank den Kartenlesefähigkeiten von Lisa nehmen wir eine sehr direkte Route Richtung Hyden, ja sie ist mindestens 50 Kilometer kürzer als der Vorschlag vom Autonavi. Dies nehmen wir gerne so an. Um die Mittagszeit nähern wir uns dem kleinen, verschlafenen Örtchen Lake Grace. Dieses liegt an einem See, respektive an einem ausgetrockneten Salzsee. Wir begnügen uns allerdings, das Café aufzusuchen, um uns dort zu verpflegen und allenfalls das Internet zu nutzen. Kaum haben wir die vier Menus gewählt, das WIFI Passwort auf dem Tisch, packen alle ihren PC und es wird gearbeitet. Die Girls vertiefen ihre Typewriterkenntnisse und Lisa widmet sich der Homepage – schliesslich sind wir jetzt seit einer Woche in Westaustralien unterwegs. Ich liefere noch das eine oder andere Foto.
Unsere Fahrt nordwärts ist einerseits mit den langen Autofahrten im Serengeti-Nationalpark zu vergleichen, allerdings muss ich mich präzisieren. Die Landschaft ist zu vergleichen. Was fehlt sind all die Schlaglöcher und vor allem die „wilden“ Tiere, angefangen bei den Giraffen. Andererseits wähnen wir uns in Nordchile. Die Route führt nämlich vorbei an unzähligen, kleineren und grösseren, strahlend weisser Salzseen. Dies ist für uns eine nette Abwechslung, zu den grossen Wäldern mit den Riesenbäumen, der Landschaft mit quadratkilometergrossen Kornfeldern oder Weiden und den immens grossen Weinbaugebieten. So stoppen wir dann auch bei einem Salzsee-Look-Out und nehmen die Konsistenz dieses ausgetrockneten Sees ganz genau unter die Lupe. Schneeweiss und dadurch sehr hell und blendend liegt dieser Salzsee in der wunderschönen Buschlandschaft. Beim ganz genauen Hinsehen können wir grosse Salzkristalle erkennen und es ist unschwer vorzustellen, dass wir diese edlen Stücke, gereinigt in eine Mühle geben und über unser nächstes Filet de Boef streuen werden. Justine meint sogar, dass dies ein möglicher Wirtschaftszweig wäre. Die Girls überlegen nicht lange und schon sind wir zu viert am Einsammeln von Souvenir-Salzkristallen.
Da Wave Rock nur unweit dieses Campingplatzes entfernt ist, machen wir uns auf, diese spezielle Gesteinsformation zu besuchen. Ja wir sind alle erstaunt, wie nah wir bereits sind. Es ist nicht übertrieben, wenn wir schreiben, dass wir nur einen Steinwurf entfernt sind. Wir sind begeistert, ob der Schönheit dieser Gesteinsformation. Imposant ragt sie auf einer Länge von 110 Metern bis zu 15 Meter in die Höhe, mit ihren charakteristischen schwarz, braun, beigen Streifen. Die felsige Steilwandkurve steigt sehr schnell an und so ist es gar nicht so einfach, ein Familienfoto zu schiessen. Nach mehreren Anläufen gelingt es uns allen aber, für einen kurzen Moment auf Reibung zu stehen und in die Kamera zu lächeln. Iouri Podladtchikov hätte seine grosse Freude daran. Ja die Wave erinnert an eine riesige, einseitige, natürliche Halfpipe und dies bei 32° Grad Celsius. Unser Morgenspaziergang führt uns zuerst zum Hyppo-Kopf, wo wir ungestört im Schlund des grossen Maules ein Erinnerungsfoto schiessen können. Zurück bei der Wave betrachtet wir diese noch von oben als sogenannte Wellenreiter. Zum Glück reichen dafür die Flipp Flopps und es braucht keine Wassererfahrung.
Auf den Spuren der Goldpioniere machen wir uns auf den Weg respektive auf die Fahrt zur „Golden Capital of Australia“. Wir sind sehr froh über unseren 4WD-Toyota Hilux, schliesslich geht es die nächsten rund 300 Kilometer auf einer sandigen, löchrigen gravel road Kalgoorlie entgegen. Ja auf der ganzen Fahrt kreuzt uns gerade mal ein Auto – nicht schlecht. Als wir am Fusse des Victoria Hills Rast machen, lesen wir von den Wegbereitern, welche 1893 eine Strasse von Albany nach Kalgoorlie anlegten. Die Vorhut war mit 5 Pferden unterwegs, immer auf der Suche nach Wasserstellen und Wasserlöchern, wo der ganze Trupp Halt machen konnte. 18'000 Mann schlugen innerhalb von nur drei Monaten die Strecke (330 Meilen) frei, um so auf einer „einfachen“ Route an die ertragreichen Goldminen zu gelangen. Drei Jahre später wurde auf dieser Strecke eine Eisenbahn gebaut. Wir erreichen Kalgoorlie in der Abendzeit und erholen uns von der holprigen Reise an einem lauschigen Plätzchen direkt an einem See. Für den nächsten Tag steht eine Tour zur grössten Tagbaumine der Welt an, auf welche wir uns sehr freuen. Neben zwei trinkenden Emus nehmen wir unser Frühstück zu uns, um danach in die Stadt zu fahren. Wir sind schon alle im Goldrush-Fieber. Zuerst müssen wir allerdings noch lange Kleider anziehen, dies ist eine Vorschrift des Tour Anbieters. Fühlt sich allerdings etwas komisch an bei über 36° Celsius Aussentemperatur. Danach werden wir mit Leuchtwesten und Schutzbrille ausgerüstet und besteigen den Tour Bus. Wie im Flugzeug wird uns ein Video über die Sicherheitsregeln gezeigt, unter anderem wird erwähnt, dass wir uns nicht vom Bus entfernen dürfen und auf keinen Fall etwas aufnehmen. Die Firma behält sich jederzeit das Recht vor, Leibesvisitationen vorzunehmen. Langsam verlassen wir das Herzen von Kalgoorlie und nach wenigen hundert Metern sehen wir ein sehr langes Förderband, reich gefüllt mit Gesteinsmaterial. Diese Steine stammen aus einem Unter-Tag-Abbau und gelangen auf diesem Weg zur Weiterverarbeitung. Das ganze Band ist natürlich mit 3000 Volt Zäunen abgesichert. Wir fahren vorbei am Medical Zentrum und gelangen so auf das Gelände der grössten Tagbaumine der Welt. Diese wird durch die KCGM (Kalgoorlie Consolidated Gold Mines) seit 1989 gemanagt. Nur unweit weiter vorne können wir weitere Gesteinsförderbänder erkennen, welche in grossen runden siloähnlichen Konstrukten enden. Auf diesem ganzen Weg werden die Gesteinsbrocken immer mehr zerkleinert, ja schliesslich sogar fast gemahlen. Später wird dann die ganze Masse auf über 700° Celsius erhitzt, damit die Edelmetalle vom Rest getrennt werden können. Hier wird nämlich nicht nur Gold gefunden, sondern auch die Begleitmineralien Silber, Kupfer und Carbon. Die Menge Gold, welche hier gewonnen wird liegt bei 22'000 Kilogramm pro Jahr oder bei 60 Kilogramm pro Tag. Die Mine wird rund um die Uhr betrieben, also 24 Stunden pro Tag und 365 Tage im Jahr. Jetzt biegt der Tour Bus ab zu den riesigen Pneulagern und dem Gerätefriedhof. Hier lagern Pneus von einer Grösse gegen die drei Meter, Kostenpunkt ist gegen die 18'000 AUS$. In der Regel werden diese alle sechs Monate ersetzt. Dafür benötigen Spezialisten pro Pneu 45 Minuten. Und das Endgewicht eines aufgepumpten Pneus liegt so bei rund 5 Tonnen. Auf der anderen Seite sehen wir die grossen Transportlastwagen, welche mit acht solchen Pneus jeweils bestückt sind. Die Bagger für den Gesteinsabbau sind höher als ein Haus, kosten dementsprechend auch deutlich mehr, so gegen die18'500'000 AUS$. Sie wiegen 710 Tonnen, eine Tankfüllung fasst 13'500 Liter und eine Schaufel gefüllt mit Steinen wiegt gegen die 68.5 Tonnen. Da fühlt man sich selbst in unserem Tour Bus, gegen die 40 Plätze, sehr klein. Nach gut einer Stunde, ja es ist wie auf Safari, draussen sind die bösen Grossen, können wir für einen kurzen Augenblick den Bus verlassen. Vor uns erstreckt sich die Hauptgrube mit einer Tiefe von 440 Metern und einem Durchmesser gegen die 3 Kilometer. Selbst die haushohen Transportlastwagen sehen von hier oben aus, wie kleine Spielzeugautos, normale 4WD Pickups sind kaum zu erkennen. Besonders beeindruckt sind wir von der Farbenvielfalt. Für das Kennerauge wird rasch deutlich, dass es sich hier um stark mineralisiertes Gestein handelt. Nachdem wieder alle im Bus sitzen, fahren wir weiter zu einer Gesteinsabladestation. Im Minutentakt fahren die grossen Lademonster rückwärts an die Abwurfstelle und kippen das gesamte Gesteinsmaterial in eine Gruppe. Per Riesenmörtel wird alles zerkleinert, ehe es wiederum auf ein Förderband gelangt zur Weiterverarbeitung. Wir stellen fest, dass auch Frauen diese Monsterlastwagen steuern. Zurück im Laden stöbern wir noch durch die Souvenirs. Dies ist der einzige Ort, wo wir heute echtes Gold zu Gesicht bekommen, dafür in fast allen Variationen und Formen. Ein goldenes Buchzeichen für die Girls, mit einem typisch australischen Sujet und für den Mineraliensammler gibt es ein echtes Goldnugget.
Mit Gold im Gepäck verlassen wir Kalgoorlie nordostwärts und so wie wir gekommen sind auf einer gravel road. Unser nächstes Ziel ist der Lake Ballard, ein Salzsee, welcher seit 2003 an Berühmtheit gewonnen hat. Dies deshalb, weil der englische Künstler Antony Gormley aus Anlass des 50-zigsten Geburtstages des internationalen Kunstfestivals von Perth 51 Figuren aus Vanadium und Titan auf den Salzsee stellen lies. Die Figuren sind Abbilder von Einwohnern des Dorfes Menzies, welches sich rund 51 Kilometer südöstlich des Sees befinden. Für uns ist die Ankunft hier zu vergleichen mit dem Himmel. Eingebettet in eine wunderbare, zauberhafte schöne Gegend liegt dieser Salzsee, mit einzelnen Inseln versehen und eben diesen kunstvollen Figuren. Die Farbintensität im Abendlicht ist schlicht und einfach unbeschreiblich. Wir sind überglücklich, diesen einsamen, genialen Ort aufgesucht und gefunden zu haben. Am nächsten Morgen nehmen wir als erstes noch einmal einen Augenschein vom Paradies und verewigen uns, wie schon andere Touristen vor uns, indem wir unsere Anfangsbuchstaben mit grossen Steinen auf dem See auslegen. Jetzt erwartet uns eine abenteuerliche 243 Kilometer lange Fahrt durch Niemandsland bis nach Sandstone. Ja diese Fahrt hat es wirklich in sich. Als wir kurz stoppen, um die schöne Gegend fotografisch festzulegen, stellen wir fest, dass unser rechtes Hinterrad nicht mehr genügend Luft aufweist. Dies ist eigentlich eine kurze Sache, schliesslich haben wir ja im Motor eingebaut einen Kompressor. Allerdings als wir den Druck im Pneu erhöhen, ist das Zischen der entweichenden Luft unüberhörbar. Es bleibt uns nichts Anderes übrig, als das Rad zu wechseln. Dies stellt sich allerdings als sehr schwierig heraus, nicht nur wegen der angezeigten Aussentemperatur von 39°C. Der sandige Untergrund lässt ein Aufbocken unseres 3-Tonnen-Kolosses leider nicht zu. Immer wieder droht das Auto nach hinten zu kippen. Auf Hilfe zu hoffen, wäre auch viel Zeit versummt, schliesslich wählen diese Route nur ganz wenige. Es bleibt uns einzig die Möglichkeit, den Pneu erneut aufzupumpen und so weit wie möglich weiter zu fahren. Zum Glück ist Sandstone nur noch 68 Kilometer weit entfernt. Nach einer ersten Kontrolle, scheint der Pneudruck immer noch ok zu sein und wir verlieren keine Zeit, die Weiterfahrt fortzusetzen. So erreichen wir schliesslich und endlich den Trucker Parkplatz von Sandstone und hier stellen wir uns einem 53.5 Meter langen Roadtrain in den Weg. Wir bitten ihn um Hilfe und nur kurz später liegt der bärtige, liebenswerte Truckfahrer unter unserem Auto. Hier auf harter Unterlage klappt das Aufbocken auf Anhieb und wir können endlich unseren defekten Reifen ersetzen. Wir bedanken uns und winken dem Monstergefährt zu. Wir stärken uns kurz im verschlafenen Örtchen bevor wir den kurzen Scenicdrive zu den speziellen Sandsteinformationen machen. Kaum haben wir die kleine Höhle und die London Bridge besichtigt, ziehen dunkle Wolken auf, nur unweit von hier sind schon die ersten Blitze zu erkennen. Langsam beginnt es zu regnen und nur kurz später befinden wir uns mitten in einem sehr starken Gewitter. Sintflutartig prasselt der Regen während geraumer Zeit auf unser Auto. Darüber sind wir gar nicht so unglücklich, denn eine Autodusche war sowieso dringend notwendig. Da wir heute gerne viele Kilometer zurücklegen wollen, nutzen wir eine kurze Regenpause, um Nahrungsmittel nach vorne zu holen für unser On-Board-Picknick. Dies gelingt uns gerade noch rechtzeitig bevor wir abermals in eine noch gewaltigere Gewitterfront geraten. Die schnellste Stufe des Scheibenwischers ist noch zu langsam und wenn wir die Roadtrains kreuzen, fahren wir durch die reinste Flutwelle. Endlich können wir am Horizont blauen Himmel erkennen und der Gewitterregen hört so rasch er gekommen ist wieder auf. Das Thermometer klettert in der nächsten halben Stunde auf stolze 40°C. Ja, das sind wahrlich Westaustraliens Outback-Erfahrungen. Jetzt sind wir am Ende des Goldrushweges, in Geraldton angelangt. Hier endete oder begann die Eisenbahn und somit wurde der Hafen schon damals zum sozialen Treffpunkt aller Bewohner von Geraldton und zeitgleich eine Touristenattraktion für die Leute von den Goldminen im heissen Inland. Hier konnten sie einen Spaziergang, Strandstände, ein Schwimmbad oder den Strand, Bootclubs oder natürlich auch den Kinderspielplatz, mit der „merry-go-round“ geniessen. Dieser Traditionstreffpunkt ist auf heutige Bedürfnisse ausgerichtet worden und wir haben noch nirgends auf der Welt einen moderneren, grösseren Spielplatz angetroffen. Der Geist aus den Anfängen des grossen Goldrausches lebt hier in Tat und Wahrheit weiter!
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doris.mathies@gmail.com (Dienstag, 13 Februar 2018 20:18)
Hallo Familie Mattes
Die Zeit fliegt ja nur so dahin. Heute haben wir anstelle eines Gute-Nacht-Geschichtlis uns euren Blog zu Gemüte geführt. Wir riechen immer wieder an eurem dufte Vanillestängel - der riecht durch die Verpackung (und verstopfte Nasen - Kommentar Flurin). Im Moment geniessen wir den erneuten Wintereinbruch mit Schlitteln, Böbeln, Langlaufen und Sünnele - bevor es dann in zwei Tagen wieder wärmer wird. Die Fasnacht haben wir gut durchgeschlumpft :-). Mit einem Teilnehmerrekord von 31 Gruppen ging eine weitere, unvergessliche 5. Jahreszeit vorbei.
Lena staunte nicht schlecht, als wir in eurem Blog gelesen haben, dass Justine und Céline auch Typewriter üben müssen. Seit Beginn des neuen Semesters ist dies auch bei ihr nämlich der Fall.
So, nun geht es noch barfuss in den Schnee und dann ab ins Bett.
Liebe Grüsse - geniesst weiterhin die Zeit in Westaustralien. wir freuen uns wieder über eure Berichte.
Alina, Lena, Flurin, Doris und Andi
Katja (Freitag, 23 Februar 2018 16:48)
Woooow,diese Bilder, versüssen mir grade den Feierabend! Herrlich!
Morgen geht‘s zum zweitletzten Mal ins Arvenbühl bevor wir nächste Woche ins Abschlussrennen steigen. Der Temperaturunrerschied zu Euren Ausführungen ist markant� aber wir hoffen wenigstens morgen die Sonne wieder mal zu sehen☀️
Liebe Grüsse und weiterhin viel Spass Familie Morf