Unser nächstes Ziel der Küste nordwärts ist die wunderschöne, geschützte Region der Shark Bay. Zwar müssen wir bis dahin weitere 450 Kilometer zurücklegen, doch mittlerweile gewöhnt man sich an solche Distanzen. Gerade in der Hälfte der Strecke befindet sich Billabong, mit seinem Roadhouse. Wer hier eine grosse Auswahl an Billabong Artikeln erwartet, liegt komplett falsch. Wahrscheinlich kennen sie hier nicht einmal dieses Label. Der Weiler oder die paar Häuser von Billabong werden von einem Café, einer Tankstelle und einem Roadhouse gebildet. Nichts und niemand erinnert hier an die weltbekannte Marke. Nichts desto trotz lassen wir es uns nicht nehmen, einen Kaffeestopp einzulegen. Als wir zum Auto gehen, sehen wir auf der gegenüberliegenden Strassenseite zwei Schwertransporter, je mit einem Minenlastwagen beladen und einem Begleitfahrzeug mit dem Warnschild „Oversize“. Endlich bietet sich uns die Gelegenheit, die immensen Dimensionen im Bild festzuhalten. Die Girls posieren neben einem dieser Riesenfahrzeuge und auch sie sind abermals erstaunt, ob den Grössenverhältnissen.
Im der World Heritage Area von Shark Bay besuchen wir zuallererst die Stromatolithen vom Hamelin Pool. Sie sind das älteste und sensationellste Lebens Highlight unseres Planeten. Einzeller, die sich auf äusserst intelligente Weise zu mikrobiologischen Biofilmen zusammengefunden haben und als Abfallprodukt den ersten Sauerstoff der Erdatmosphäre produziert haben – die Basis allen Lebens auf unserer Erde! Diese „lebenden Steine“ sind einer der Gründe, weshalb die Region Shark Bay als World Heritage Area und als UNESCO Welterbe eingetragen wurde. Diese für unser Auge verborgenen Mikroorganismen sind das unscheinbare Wunder unseres Planeten schlechthin. Oder ist es nicht unfassbar begeisternd und beeindruckend, dass uns die Natur auch nach ca. 3.6 Milliarden Jahren noch zeigen und verstehen lassen kann, wie alles Leben einst angefangen hat. Diese Gebilde entstehen über Jahrtausende aus Mikroorganismen und wachsen behutsam langsam wie „Pilze“ in die Höhe. Das türkisblaue Meer im Hintergrund gibt das perfekte Fotosujet ab. Das wir an diesem wunderschönen Ort nicht alleine sind, ist uns im Voraus klar, doch dass wir hier auf Schweizer treffen, hätten wir nicht gedacht. Wir verlassen diesen wunderschönen Ort und fahren weiter Richtung Shell Beach. Dieser Strand ist übersät von Abermillionen, fingernagelgrossen Muscheln und das seichte Wasser erinnert an ein Jacuzzi, so warm ist es. Wir wundern uns, dass alle Besucher einfach kreuz und quer über diese wunderbaren Muschelwellenberge spazieren dürfen. Unser nächster Halt ist in Denham. Von hier erreichen wir über ein Sandstrasse unser nächstes Nachtlager, direkt an der Big Lagoon mit bester Aussicht auf das Meer.
Ja, Wildlife live erleben heisst auch in downunder früh aufstehen. Dies gilt für uns erst recht, da wir an der wunderschönen Big Lagoon campiert haben. Diese befinden sich am Ende einer 12 Kilometer 4WD-Strecke, was bedeutet, dass danach der Druck in allen vier Pneus wieder erhöht werden muss. So stellen wir unsere Wecker auf 05.45 Uhr und ob wir es glauben oder nicht, sind sowohl Lisa als auch ich vor dieser Zeit wach. Wahrscheinlich liegt es vor allem an der früh einsetzenden Morgendämmerung und weniger an der Nervosität vor der heutigen „Delfinshow“. Wie gestern abgemacht, starten wir ohne Morgenessen und die Kinder können ja ein Müesli bei der Pumpstation einnehmen und zwar während dem wir wieder auf Strassenverhältnisse umstellen. Die Kinder sind um 06.00 Uhr auch bereits wach und schon beginnen wir mit dem Zusammenräumen. In rekordverdächtiger Zeit sind wir startklar und bereits um 06.14 Uhr geht es über die sandy Route zurück Richtung Denham. Diesmal erscheinen allen die 12 Kilometer viel kürzer zu sein als noch gestern, ist ja gut so. Im Handumdrehen sind auch die Reifen wieder bei 48psi respektive 50 psi. Es geht so schnell, dass keine Zeit bleibt, nur schon ans Zubereiten eines Müeslis zu denken. So gibt es eben Fingerfood in Form von Früchten. Noch schneller sind wir beim Parkeingang, wo gemütlich ein Emu vor unserem Auto über die Strasse marschiert. Die 14 verbleibenden Kilometer sind ebenfalls rasch bewältigt und so stehen wir um gut 07.00 Uhr vor dem Monkey Mia Resort. Als wir uns dem Strand nähern, verstreicht nur wenig Zeit und schon können wir den ersten Delfin sehen. Dieser scheint ganz genau zu wissen, was in dreiviertel Stunden abläuft und so dreht er gemütlich und sehr nahe am Strand seine Runden. Wir geniessen das Beobachten von Weitem und so verstreicht den auch die Zeit sehr rasch. Um Punkt 07.45 Uhr werden wir dann durch die Rangerinnen gebeten, den Strand zu betreten und ins Wasser zu stehen. Beim Run nach den besten Plätzen merkt man rasch, dass dies ein Touristenanziehungspunkt ist. So viele Leute auf einem Haufen haben wir schon lange nicht mehr gesehen. Während einer halben Stunde erfahren wir viel über die Delfine, ja es sind gute, schnelle Schwimmer (bis 42km/h) mit starken Schwanzflossen, sie fressen bis zu 12 Kilogramm Fisch pro Tag und ihr Gehör ist sehr gut ausgebildet. Zum Vergleich wird unsere Weitsicht genommen. So weit wie wir Menschen sehen können, so weit hören die Delfine – für uns absolut unvorstellbar. Hier in Monkey Mia schwimmen regelmässig 16 Delfine vorbei, um von der Fütterung zu profitieren. In absoluten Spitzenzeiten waren es auch schon 26. Mittlerweile stehen bereits drei Rangerinnen im Wasser und ihre Assistenten kommen mit den von allen herbeigewünschten Fischen. So werden an drei Stellen Delfine gleichzeitig gefüttert, direkt vor uns ist es eine Delfindame, die Surprise. Sie überlebte vor neun Tagen einen Haiangriff mit viel Glück, doch die Bissverletzungen am Kopf und am Rumpf sind unübersehbar. So wird sie auch einzig und alleine nur durch die Rangerin gefüttert. Ob diese Fütterung gut ist oder nicht, brauchen wir an dieser Stelle nicht zu beurteilen. Tatsache ist, dass wir an diesem Erlebnis teilgenommen haben und dass wir es sehr geschätzt haben. Die Tiere werden auf eine gute Art behandelt und die Rangerinnen machen einen spürbar, guten Job. Wir Touristen kommen so in den Genuss, über eine längere Zeit Delfine aus nächster Nähe beobachten und natürlich auf fotografieren zu können. Wir wollen die vielgepriesene Fischwelt selbst auch noch genauer unter die Lupe nehmen und können beim Schnorcheln tatsächlich eine Roche sehen. Bereits gegen Mittag kehren wir abermals in den Francois Peron National Park zurück und suchen uns einen einsamen Strand für den Mittagshalt aus. Diesen finden wir im South Gregories. Nur wenige Meter vom Meer entfernt lassen wir unsere Kochkünste walten, ehe wir an die Spitze der Halbinsel, ans Cape Peron aufbrechen. Die Fahrt dorthin führt nochmals über gut 14 teilweise sehr sandige Kilometer. Die Natur, welche sich uns hier bietet ist kaum an Schönheit zu übertreffen und so können wir sogar vom Skipjack Point aus eine grosse Mantafamilie beobachten. Plötzlich entdecken wir noch eine grüne Meeresschildkröte und nur wenig später ein Junges dazu. Wir können unser Glück kaum fassen und sind uns einig, dass sich dieser Ausflug ans Ende der Insel absolut gelohnt hat. Céline ist es, welche als Erste einen Shark sichtet. Dieser zieht nahe der Küsten seine Runden nur leider ist das Wasser dort recht trüb. Trotzdem hat sich das Warten gelohnt und wenig später können wir einen zweiten Haifisch erkennen. Alle haben das Glück, diesen Moment zu geniessen. Auf der Suche nach einem romantischen Nachtlager werden wir direkt am Strand von Herald Bright fündig. Mittlerweile ist das Vertrauen in unseren Toyota Hilux so gross, dass uns nichts mehr abschreckt. Das kühlende Bad im Meer tut allen gut. Am nächsten Tag verlassen wir diese wunderschöne Gegend um Shark Bay, um weiter nordwärts, nach Coral Bay zu fahren. Wie all die Fahrer der bis zu 56.5 Meter langen Road-Trains, machen auch wir im Roadhous Billabong Rast und geniessen mit Capuccino in der Hand ein wenig Olympia. Es läuft gerade Eiskunstlauf. Die Aussentemperatur bei uns liegt bei ca. 39° Celsius. Gegen Abend erreichen wir Coral Bay und entgegen den Informationen auf der Homepage ist der Campingplatz offen und zu unserer Freude sogar noch bedient. Wenig später können wir bereits unser Nachtlager einrichten. Am nächsten Tag besteigen wir ein Glasbodenboot um die Schönheit des Ningaloo Riffs zu erkunden. Auch dieses Meeresgebiet ist von der UNESCO geschützt und gilt gemäss Aussagen der Tourleiterin als grösstes, so nah am Ufer gelegenen, zusammenhängendes Riff. Während der Tour gehen wir sogar noch auf einen Schnorchelgang ins Wasser, um die bezaubernde, faszinierende Unterwasserwelt zu erkunden. Am Nachmittag wandern wir dem Ufer entlang zur Geburtsstätte der Haie. Ein natürliches, seichtes Becken dient den Muttertieren als Brutstätte für ihren Nachwuchs. Vom Ufer aus sind die Schatten der unzähligen Tiere deutlich zu erkennen. Ein sehr spezieller, schöner Ort. Bei praller Sonne, die Hitze scheint für uns rekordverdächtig hoch zu sein, kehren wir zum Auto zurück. Alle mit hochroten Köpfen, komplett verschwitzt, aber überglücklich, an diesem wunderbaren Ort gewesen zu sein. Zur Belohnung gibt es ein Süssgetränk und Glacé. Die Hitze ist so gross, dass das Magnum von Céline nicht lange auf dem Stängel bleibt und schwuppst liegt es auf dem Boden. Beim zweiten Mal gibt es Glacé aus dem Kübeli und der Verzehr dieser Köstlichkeit verläuft dann zum Glück ohne weitere nennenswerte Zwischenfälle. Jetzt starten wir zu unserem letzten Teilstück, welches uns nochmals nordwärts bringen wird. Wir entscheiden uns für den 4WD-Scenic-Drive, welcher direkt der Küste entlang noch Norden führt. Profimässig reduzieren wir gleich zu Beginn wieder einmal den Druck in unseren Pneus und starten dieses Abenteuer. Leider wird die Sicht direkt zum Meer meistens von der grossen Düne verdeckt, dafür ist jeder Meeresblick ein spezielles Highlight. Zwischendurch können wir wunderschön geformte Sanddünen sehen, ja zweimal fahren wir sogar am Rande einer solchen vorbei. Klar gibt es jetzt kein Halten mehr in den Sitzen, dieser Sand will betreten und vor allem berührt werden. Da mein Bremsmanöver ziemlich unerwartet und abrupt gewesen ist, stehen die beiden Vorderräder etwas mehr im Sand als gewünscht. Vorwärts hilft H2 nicht mehr, also wechsle ich sowohl auf rückwärts und auf H4. Beim zweiten Versuch klappt alles bestens. So sind wir ab jetzt endgültig 4WD-mässig unterwegs. Plötzlich erkennen wir drei, vier Kängurus direkt neben der Strasse. Ja diese Szene wiederholt sich in der nächsten halben Stunde noch unzählige Male. Immer wieder versuchen wir, die Tiere zum „Jumpen“ zu bewegen – manchmal mit Erfolg und manchmal schauen uns die Tiere so an, also ob sie uns sagen wollten, „was macht denn ihr für komische Faxen?“ Auf jeden Fall scheinen wir hier im Känguru-Paradies angelangt zu sein. Auf allen Seiten springt und hüpft es, ja rund um uns herum. Wir stoppen immer wieder, um die eleganten Tiere zu fotografieren und um sie zu beobachten. So schätzen wir uns sehr glücklich, die hüpfenden Tiere in freier Wildbahn so zahlreich beobachten zu können. Abermals können wir mutterseelenalleine campieren und diesmal sogar mit privatem Sandstrand. Der Blick hinauf in den Sternenhimmel und zur Milchstrasse beendet diesen ereignisreichen Tag.
Heute werden wir den nördlichsten Punkt unserer Westaustralien-Reise passieren und von da an wird unsere Route mit ganz wenigen Ausnahmen für die nächsten 1200 Kilometer Richtung Süden, also Richtung Perth verlaufen. Die 4WD-Route Richtung Norden beträgt noch gut 10 Kilometer und dann haben wir fast 120 Kilometer auf dieser spannenden, abwechslungsreichen und fahrerisch z.T. anspruchsvollen Route zurückgelegt. Nichts ahnend spulen wir diese letzten Kilometer ab bis wir plötzlich sehr stutzig werden. Vor uns öffnet sich eine sandige Bucht mit viel Wasser, eine Strasse ist mit bestem Willen nicht mehr erkennbar. Die verwehten Autospuren erzählen auch zweierlei Geschichten. Die einen Spur führt nach links auf das Meer zu und sieht nach einem sehr sandigen, steilwandkurvigen Drive aus, die zweite führt gerade aus direkt auf den Bach zu. Die ersten Gedanken sind, nein nicht so kurz vor dem Ziel noch ein unbezwingbares Hindernis, respektive einen unbezwingbaren Fluss oder einen unbezwingbaren Sandstrand. Erinnerungen werden wach, als wir vor 15 Jahren im Flinders Ranger Nationalpark ebenfalls kurz vor dem Ziel wenden mussten. Die Strasse damals, respektive das Bachbett war unpassierbar.
Doch wir lassen uns noch nicht aus dem Konzept bringen. Wie damals steigen wir aus dem Auto und begutachten die Situation ganz genau, immer im Wissen der Möglichkeiten unseres Toyota Hilux, eine Rakete mit viel Power (2.8 Liter). Zudem sind wir heute viel Erfahrener, allein auf dieser Reise haben wir viel gelernt, ob im Sand an der Küste oder im Francois Peron Nationalpark. Der erste Teil des Flussbeetes besteht an einer Stelle aus felsigem Untergrund, dies sollte also kein Problem darstellen, dann führt die Route über nassen, teils weichen Sand und der zweite Teil des Flussbeetes ist ebenfalls nasser Sand. Zur Krönung gibt es dann noch eine sandige, recht steile Rampe. Die Ratten, äh Frauen verlassen die „einsinkende“ Auto allesamt. Lisa als Livereporterin vor Ort, Justine und Céline möchten diesen Teil der Wegstrecke lieber zu Fuss bewältigen. Ich starte also wieder den Motor und voller Vertrauen steuere ich auf den Fluss zu. Allerdings scheint es mir, als sinke ich mehr ein, als noch bei der Inspektion, obwohl ich die Stelle wie geplant anfahre. Das Sandband geht eigentlich gut und beim zweiten, weichen Bachbett beschleunige ich, um nicht Gefahr zu laufen, einzusinken. Schon ist auch diese Hürde genommen und jetzt gilt es nur noch die steile, sehr sandige Rampe hinter mich zu bringen. Gerade hier greift der 4WD hervorragend. Glücklich kehre ich zu Fuss an die Stelle des Schreckens zurück und lasse mir stolz die Videos vorführen. Auch meine drei Damen sind sichtlich erleichtert. Jetzt sind wir auf der touristischen Seite des Flusses angekommen. Wer hätte gedacht, dass diese wenigen paar Meter, dieses bisschen Wasser zwei Welten voneinander trennt. Wir stehen am Anfang respektive am Ende der all can arrive Seite.
Der nächste Stopp dient der Aufmerksamkeit des Nangaloo Riffs. Hier gibt es unzählige, schöne, abwechslungsreiche Schnorchelplätze – ja man kann gut und gerne hier im Wasser viel mehr Zeit verbringen. Wir begnügen uns mit einem Schnorchelhalt bei der Turquoise Bay (Oysterstacks). Faszinierend hier ist, dass das Wasser einerseits glasklar ist und andererseits verschiedene Fische bereits mit dem ersten Schritt im Wasser gesehen werden können. Uns eröffnet sich abermals eine wunderbare, bezaubernde Unterwasserwelt mit zahlreichen kleineren und grösseren Fischen. Wir tauchen ein in diese faszinierende Welt. Nebst den grossen Fischschwärmen unter den schützenden Korallen, können wir als Highlight noch einen roten Seestern beobachten.
Via Exmouth fahren wir auf dem Highway südwärts mit dem Ziel in der Nähe des Blowholes zu übernachten. Das starke Gewitter reinigt unser Auto wieder recht gut und es sieht fast wieder aus wie neu. Die Wasserfontäne welche allerdings nur alle paar Minuten zu beobachten ist, erinnert uns an den Jet d’eaux in Genf. Ja in der Höhe kann das Blowhole nicht ganz mithalten, trotzdem ist dieses Naturphänomen bestaunenswert. Nur unweit von hier entfernt finden wir eine Übernachtungsgelegenheit.
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Dario (Mittwoch, 21 Februar 2018 19:50)
WoW.
So schön. ��